Diabetesfakten 46

Grundsätzliches zum Diabetes mellitus

Mit dem Begriff des Diabetes mellitus wird eine Gruppe metabolischer (stoffwechselbedingter) Erkrankungen bezeichnet, die phänotypisch mit einer Hyperglykämie (erhöhte Blutglukose) einhergehen. Die unterschiedlichen Formen des Diabetes mellitus werden jeweils durch ein komplexes Zusammenspiel aus genetischer Disposition, Umweltfaktoren und Lebensgewohnheiten hervorgerufen. Abhängig von der Ätiologie (Ursache) können eine gestörte Insulinsekretion (Insulinausschüttung), eine gestörte Glukoseverwertung oder eine gesteigerte Glukoseproduktion an der Entstehung der Hyperglykämie beteiligt sein. Die für den Diabetes mellitus typische metabolische Störung führt zu sekundären pathophysiologischen Veränderungen zahlreicher Organsysteme, welche für den Betroffenen und für das Gesundheitssystem eine enorme Belastung darstellen. Das terminale Nierenversagen (Totalversagen der Nierenfunktion), atraumatische Amputationen der unteren Extremitäten sowie Erblindungen werden sowohl in den USA als auch in Deutschland am häufigsten durch einen Diabetes mellitus verursacht. Da die weltweite Inzidenz (Anstieg)des Diabetes mellitus zunimmt, wird er auch künftig eine der wichtigsten Ursachen der allgemeinen Morbidität und Mortalität sein. Laut WHO derzeit 140 Millionen Erkrankte, bis zum Jahr 20025 weiterer Anstieg auf 300 Millionen berechnet.

Diabetesklassifikation

Aufgrund neuer Erkenntnisse zur Ätiologie (Ursachen) und Pathogenese (Krankheitsentstehung) des Diabetes mellitus wurde seine Klassifikation revidiert . Zwar lassen sich die unterschiedlichen Formen des Diabetes mellitus durch eine Hyperglykämie (erhöhte Blutglukose) charakterisieren, dennoch sind die verantwortlichen pathogenetischen (krankheitsverursachenden) Mechanismen äußerst verschieden. Bei einigen Formen ist ein absoluter Insulinmangel vorhanden oder ein genetischer Defekt, in dessen Gefolge es zu einer unzureichenden Insulinsekretion (Insulinausschüttung) kommt. Die jetzt gültige Klassifikation des Diabetes kann als Versuch verstanden werden, statt der bislang üblichen Einteilung nach Erkrankungsalter und Behandlungsansatz eine pathogenetisch ausgerichtete Einteilung des Diabetes mellitus vorzunehmen. Diese Klassifikation ermöglicht eine spezifische, gezieltere Behandlung einzuleiten. der Typ 1 und Typ 2 Diabetes sind weltweit die häufigsten Formen des Diabetes mellitus, wobei ca. 80-85% auf den Typ 2 Diabetes entfallen.

I Typ 1 Diabetes

(Betazelldestruktion führt in der Regel zu absolutem Insulinmangel)
A immunmoduliert
B idiopathisch

II Typ 2 Diabetes

– mit überwiegender Insulinresistenz und relativem Insulinmangel
– mit überwiegenden Insulinmangel und relativer Insulinresistenz

III weitere spezifische Diabetestypen

A. genetische Defekte der Betazellfunktion durch Mutationen der folgenden Strukturen:
1. hepatonukleärer Transkriptionsfaktor (HNF) 4_ (MODY 1)
2. Glukokinase-Gen (MODY 2)
3. HNF1· (MODY 3)
4. Insulinpromotor-Faktor (IPF) 1 (MODY 4)
5. HNF-1&Mac226; (MODY 5)
6. mitochondriale DNS
7. Insulinbildung aus Proinsulin
B. genetische Defekte der Insulinwirkung
1. Insulinresistenz vom Typ A
2. Leprachaunismus
3. Rabson-Mendenhall-Syndrom
4. lipoatrophischer Diabetes

C. Erkrankungen des exokrinen Pankreas:
Pankreatitis, Pankreatektomie, Pankreasneoplasie, zystische Fibrose, Hämochromatose, fibrokalzifizierende Pankreatopathie

D. Endokrinopathien
im Rahmen von unterschiedlichen Stoffwechselerkrankungen

E. Medikamentös bzw. durch Chemikalien induzierter Diabetes
z.B. durch Glukokortikoide (Cortison ausgelöst)

F. Infektionen
kongenitale Rötelninfektion, Zytomegalie, Coxsackie

G. seltene immunologische Diabetesformen

H. weitere mit Diabetes mellitus assoziierte Syndrome: Down-Syndrom, Klinefelter-Syndrom, Turner-Syndrom, Wolfram-Syndrom, Friedreich-Ataxie, Chorea Huntington, Laurence-Moon-Biedl-Syndrom, Dystrophia myotonica, Porphyrie, Prader-Willi-Syndrom

IV. Gestationsdiabetes (Schwangerschaftdiabetes)